Die Erleuchtungsbrille

Oft werde ich im Dokusan gefragt, ob denn die eine oder andere Meditationsform nicht doch ein Ziel, einen Zweck verfolge und so nicht dem Anspruch, "moshutoku" (jap.: ohne Ziel und Zweck) zu sein, gerecht werde.
Nun, wenn wir uns zum Zen-Training aufmachen, zum Tempel gehen, tun wir dies schon aus einer Absicht - sonst könnten wirs ja auch lassen.
Wenn wir sitzen, üben wir uns in "Absichtslosigkeit".
Was bedeutet das?
Ihr kennt vielleicht das Beispiel mit der Erleuchtung, dass sie so ist, wie eine Brille, die wir auf der Stirn tragen, aber irrtümlicherweise in der ganzen Wohnung suchen. Dabei ist sie die ganze Zeit da. Es gibt also nichts zu suchen. ABER:
DAS müssen wir erst realisieren! Solang müssen wir emsig danach suchen. Doch wann finden wir meistens die Brille? Wenn wir uns hinsetzen, nichts mehr tun, einfach da sind.....dann entdecken wir die Brille plötzlich, huch, da ist sie ja, sie war nie weg!

Im übertragenen Sinne bedeutet dies durchaus, dass wir suchen, ohne zu suchen - und so fündig werden.

Vollkommen gagga ist es dann, wie es manche betreiben: Sie sagen dann einfach, weil sie´s gelesen haben, dass die Brille (bestimmt) da sei und sie deshalb nicht zu suchen bräuchten. Doch dann suchen sie sie auch nicht mehr, glauben (denken) alleine, sie sei da - doch eine gedachte Brille, durch die man nicht durchschaut, verschafft nun mal keinen Durchblick! Sie bleiben blind.
Nicht zuletzt deshalb haben die grossen Meister immer wieder geschrieben, dass es der beständigen Anstrengung des Schülers bedürfe.